Bundesgesetz über die Anerkennung der Gebärdensprache: eine entscheidende Abstimmung für die Gehörlosengemeinschaft in der Schweiz
Am Mittwoch, 1. Juni 2022 stimmt der Nationalrat über die Motion 22.3373 «Anerkennung der Gebärdensprache durch ein Gebärdensprachengesetz» ab. Die Abstimmung wird sowohl von der Gehörlosengemeinschaft wie auch vom Schweizerischen Gehörlosenbund, der sich seit vielen Jahren für die rechtliche Anerkennung der Schweizer Gebärdensprachen und die Gleichstellung von Gehörlosen einsetzt, mit Spannung erwartet.
In der Schweiz leben rund 10 000 gehörlose Menschen, deren Muttersprache eine der drei Schweizerischen Gebärdensprachen ist: die Deutschschweizerische Gebärdensprache (DSGS), die Französische Gebärdensprache (LSF) oder die Italienische Gebärdensprache (LIS).
Trotz den vom Bund und von den Kantonen ergriffenen Massnahmen werden Gehörlose und Menschen mit Hörbehinderungen bis heute noch zu häufig diskriminiert. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) hat das Ausmass dieser Problematik und die besondere Situation von gehörlosen Menschen mit ihrer eigenen Sprache und Kultur erkannt und hat auf Empfehlung des Gutachtens von Professor Kurt Pärli von der Universität Basel am 1. Juni 2022 eine Motion zur Schaffung eines Gebärdensprachengesetzes eingereicht. Dieses Gesetz soll nicht nur die Anerkennung der Schweizerischen Gebärdensprachen sicherstellen, sondern auch diese Sprachen und die Gleichstellung von gehörlosen Menschen fördern.
Der Schweizerische Gehörlosenbund freut sich über die von der WBK-N eingereichte Motion und hofft, dass am kommenden 1. Juni eine grosse Mehrheit der Nationalrätinnen und Nationalräte zugunsten der Motion stimmen werden. Aus Sicht des Schweizerischen Gehörlosenbundes ist die rechtliche Anerkennung der Gebärdensprachen eine unabdingbare Voraussetzung zur Verbesserung der Situation und Sicherstellung der Rechte von gehörlosen Menschen in der Schweiz.
Die Präsidentin des Schweizerischen Gehörlosenbundes, Tatjana Binggeli, äusserst sich dazu wie folgt: «Die Gebärdensprache ermöglicht gehörlosen Menschen einen fairen Zugang zum Arbeitsmarkt, zum Gesundheitssystem, zur Kultur oder zu den Bildungsangeboten.» Dieser Zugang muss den gehörlosen Menschen vom Bund sowie von den Kantonen und Gemeinden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten garantiert werden, wie es das Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung verlangt.
Publiziert am 25. Mai 2022