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Medienmitteilung

Ein barrierefreier Notruf ist dringend nötig!

Im Notfall zählt jede Minute. Besonders wichtig ist, dass möglichst schnell professionelle Hilfe alarmiert werden kann. Die Prozesse dafür müssen so einfach wie möglich ausgestaltet sein, denn in einer Stress- und Krisensituation schnell und richtig zu Handeln ist anspruchsvoll. Für gehörlose Menschen ist aber genau das nicht möglich. Da sie in der Gebärdensprache kommunizieren, sind sie auf einen Vermittlungsdienst angewiesen, um eine Notrufzentrale zu erreichen. Das bring eine Reihe von Problemen mit sich. Nun hat der Ständerat die Möglichkeit die Situation von Gehörlosen nachhaltig zu verbessern.

Stellen Sie sich vor, ihr Backofen hat Feuer gefangen. Ihr erster Gedanke wäre wohl so schnell wie möglich die Feuerwehr zu alarmieren. Aber was machen gehörlose Menschen? Für sie ist es nicht möglich per Telefon die Rettungskräfte zu alarmieren. Sie müssen auf einen Vermittlungsdienst (in Gebärdensprache oder via SMS) zurückgreifen. Damit sind aber verschiedenen Probleme verbunden. Es kommt zu Zeitverzögerungen, wichtige Informationen gehen verloren und im Extremfall wird sogar die falsche Notrufzentrale alarmiert. Da der Anruf der Vermittlungsdienste lokalisiert wird und nicht derjenige der gehörlosen Person kommt es regelmässig zu Missverständnissen.

«Diese Situation ist für uns unhaltbar» sagt Tatjana Binggeli, Präsidentin des Schweizerischen Gehörlosenbund. «In einer Krisensituation nicht selbständig Hilfe rufen zu können ist extrem beängstigend. Wir sind auf eine direkte Anbindung an die Notrufzentralen angewiesen, um schnell und direkt mit ihnen zu kommunizieren».

Technisch könnte das Problem heute bereits problemlos behoben werden. So könnte beispielsweise mit einer nationalen Notruf-App gehörlosen Menschen ermöglicht werden eine Notrufzentrale direkt mit einer Kombination von Standortlokalisierung, Chat und Video-Funktion ermöglicht werden. Von solch einer Lösung würden auch schwerhörige Menschen profitieren. Weil die Notrufe in der Schweiz aber kantonal und kommunal organisiert sind, fehlt eine einheitliche gesetzliche Grundlage, welche den Betrieb einer solchen App ermöglicht.

Dies Grundlage könnte das Parlament jetzt aber schaffen. In der Sommersession 2021 wurden vom Nationalrat zwei Motionen angenommen, welche eine klare gesetzliche Grundlage im Bereich der Notrufe fordern. Die Motion 21.3000 der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats fordert klare Verantwortungen. Heute schieben sich die Bundesverwaltung, die Kantone und die Swisscom gegenseitig die Verantwortung zu. Die Motion fordert eine technische Systemführerschaft für die Weiterentwicklung der Notrufe. Die Motion 21.3063-21.3065, welche von sechs Nationalrätinnen und Nationalräten aus allen Fraktionen eingereicht wurde, verlangt zusätzlich, dass die Schweizer Notrufe technisch so weiterentwickelt werden, dass ein barrierefreier Zugang möglich wird.

Tatjana Binggeli sagt dazu: «Das Parlament hat jetzt die Chance die Schweizer Notrufe so weiterzuentwickeln, dass allen Menschen ein direkter Zugang garantiert werden kann. Wir hoffen, dass die Politik diese Chance erkennt und ergreift. Wir können nicht mehr länger warten, denn im Notfall zählt jede Sekunde»

Publiziert am 13. August 2021