Erster Schritt zur Verbesserung der Inklusion von Gehörlosen am Arbeitsplatz
Heute hat der Ständerat die Motion 21.3452 «Auszahlungsmodell für Dienstleistungen von Dritten im Bereich der Invalidenversicherung» als zweiter Rat angenommen. Damit werden gehörlose Menschen zukünftig selbst bestimmen können, wie sie die zur Verfügung stehenden Mittel auf das Jahr aufteilen. Für den Schweizerischen Gehörlosenbund ist dieser Entscheid ein wichtiger Schritt für ein bessere Inklusion von gehörlosen Menschen am Arbeitsplatz.
Heute stehen gehörlosen Menschen pro Monat CHF 1’793 für Gebärdensprachdolmetschende am Arbeitsplatz zur Verfügung. Dies reicht für ungefähr zehn Dolmetschstunden. Wird dieses Geld nicht bezogen, verfällt der Anspruch. Das zur Verfügung stehende Geld kann nicht in den nächsten Monat übertragen werden. Dadurch wird verunmöglicht, dass intensive mit ruhigeren Monaten kompensiert werden können. In Betriebsferien, im Sommerloch oder Monaten, in denen einfach keine Dolmetschenden benötigt werden, verfällt das Geld, während in den intensiven Monaten nicht genug Geld vorhanden ist
Der heutige Entscheid des Ständerats beauftragt den Bundesrat das bestehende Modell hin zu einem Jahreskontingent zu ändern. Damit können gehörlose Arbeitnehmende die zur Verfügung stehenden Mittel selbst planen und ihrem Arbeitsalltag anpassen. Schwankungen des Bedarfs an Dolmetschdienstleistungen können so selbstbestimmt berücksichtigt werden.
Der Schweizerische Gehörlosenbund begrüsst die Änderung des Modells, weisst aber darauf hin, dass gehörlose Menschen auch weiterhin mit Barrieren und Diskriminierung am Arbeitsplatz konfrontiert sind. Die zur Verfügung stehenden zehn Stunden reichen bei weitem nicht aus, um den aktuellen Bedarf zu decken. Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren stark verändert und das Kommunikationsbedürfnis hat stark zugenommen.
Andreas Janner, Geschäftsführer von Sichtbar GEHÖRLOSE ZÜRICH und selbst gehörlos sagt dazu: «Ich bin bei externen Terminen auf eine Übersetzung in die Gebärdensprache angewiesen. Aufgrund der Beschränkung von zehn Stunden pro Monat bin ich gezwungen, gewisse Termine abzusagen. Das schränkt mich ein meine Verantwortung als Geschäftsführer wahrzunehmen.»
Der Schweizerische Gehörlosenbund fordert weitere Verbesserungen von der IV. Um den Bedürfnissen von gehörlosen Menschen und der Veränderung der Arbeitswelt Rechnung zu tragen, braucht es einen Systemwechsel. Zukünftig muss der Unterstützungsbeitrag vom Beschäftigungsgrad abhängig gemacht werden und die Möglichkeit bestehen Härtefallgesuche zu stellen.
Publiziert am 2. März 2022